Aotearoa

Das Land der langen weißen Wolke

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Kein Wunder, dass die Maori diese Inseln Aotearoa, das Land der langen weißen Wolke nennen, denn manche Gegenden haben an 300 Tagen im Jahr Regen. Demnach verbleiben 65 Sonnentage und wir können uns glücklich schätzen, denn auf unserer Tour hatten wir bereits 53 Tage Sonnenschein und der Sommer fängt gerade erst an. Wenn ich jetzt nachrechne, dann tun mir die Neuseeländer wirklich leid, verbleiben ihnen nach unserer Abreise noch 12 Sonnentage für den restlichen Sommer. Die durchschnittliche Menge Niederschlag pro Jahr beträgt an der NZ-Westküste 8000 mm zum Vergleich sind es 564 mm in Budapest und Köln liegt mit 774 mm etwas drüber. Sogar die regenreichste Großstadt Europas, das norwegischen Bergen, erscheint mit gerade einmal 2548 mm regelrecht wüstenähnlich ausgetrocknet, schließlich liegt der neuseeländische Rekord bei 18.442 mm in Hokitika (1998).

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Neuseeland ist wohl bekannt für seine Sandflies (Sandfliegen). Es gibt 13 Arten der Sandflies, auch Blackflies (Schwarzfliegen) genannt und nur die Weibchen beißen. Natürlich gibt es auch hierzu eine Maori Legende, die besagt, dass der Gott "Tu Te Rakiwhanoa" das Fiordland modellierte und ihm die Landschaft so atemberaubend schön gelungen ist, dass die Menschen ihre Arbeit unterbrochen haben um diese zu bestaunen. Eine Göttin sah dies und wurde wütend auf die unproduktiven Menschen und so erschuf sie die Sandflies um sie zu beißen und wieder in Bewegung zu versetzen.  

Wie wir euch bereits gezeigt haben hängen die Neuseeländer (kurz Kiwis genannt) alle möglichen Dinge an ihre Drahtzäune. An diesen finden sich Schuhe, Flip-Flops, Blechschilder, Plüschtiere, Stiefel und es gibt, zwischen Wanaka und Qeenstown, auch einen Zaun der Büstenhalter, an welchem hunderte von BHs hängen.

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Wieso werden die Neuseeländer eigentlich Kiwis genannt? Hierbei ist nicht die Kiwi Frucht gemeint (die übrigens vor 1962 Chinese Gooseberry hieß) und auch nur indirekt der Kiwi Vogel, sondern eine Schuhcreme mit eben diesem Namen, benannt nach dem Vogel, der das Logo der Schuhcremefabrik ziert. Der australische Eigentümer wählte dieses Logo seiner neuseeländischen Frau zuliebe, die diese knuffigen Vögel mochte. Als im 1. Weltkrieg die wasserdichte Schuhcreme zur Standardausrüstung des neuseeländischen Militärs wurde, begann die unaufhaltsame Erfolgsgeschichte des Wortes. Die neuseeländischen Soldaten wurden dermaßen von ihren englischen Kameraden für ihre trockenen Söckchen beneidet, dass bald auch die Briten mit der Schuhcreme ausgestattet wurden und der Begriff "Kiwi" als Synonym für die NZ-Soldiers um die Welt ging.

So sehr die Kiwis Schuhcreme auch lieben, sie scheinen eine Aversion gegen Namensschilder zu haben, denn es gibt schlicht keine. Namenschilder an der Tür empfindet der Neuseeländer anscheinend als bei weitem zu freizügig und sooo vieeel persönliche Information möchte er dann doch nicht von sich preis geben. Noch erstaunlicher ist, dass es kein Einwohnermeldeamt gibt. Wäre ja noch schöner, wenn der Staat wüsste, wo man wohnt. Die Angabe von Namen und Adresse gegenüber dem Stromanbietern ist ja schon Schande genug. Wo es kein Namensschild gibt, denkt sich der Neuseeländer, da braucht es auch keine Klingel und spart sich auch diesen überflüssigen Firlefanz. Demgegenüber haben die Kiwis, ebenso wie die Aussies, eine Vorliebe für ausgefallene Briefkästen entwickelt. Sie weisen einen ausgesprochen kreativen Einfallsreichtum bei der Gestaltung ihrer Letterbox auf. Hierbei sind der Variationsvielfalt schlichtweg keine Grenzen gesetzt und so sieht man entlang der Straßen sowohl kleine Kunstwerke aus Wellblech, diverse Gebilde aus Plastikbehältern, umfunktionierte Küchengeräte, Boote, Milchkannen und sogar Teddy Bären ... ja ganze Traktormotoren erfreuen das Briefträgerauge.

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Haere Mai / Willkommen

Ganz im Gegensatz zu den Australiern mit ihren 150 Aboriginal-Dialekten ist die Integrierung der maorischen Sprache, das "Te Reo Maori", viel einfacher gelungen. So gehört Te Reo Maori heute in neuseeländischen Schulen zur Unterrichtssprache und ist in der Gesellschaft voll akzeptiert. Bereits für Vorschulkinder gibt es Maori-Sprach-Kindergärten und seit 1982 haben über 60.000 Neuseeländer die Sprache der Maori erlernt. Auch wir schauen uns in Auckland eine Shakespeare Theateraufführung an, die zur Hälfte in Te Reo Maori gespielt wurde. Im Vergleich zum mittelalterlichen Englisch des Herrn Shakespeare haben wir ähnlich viel verstanden und uns über drei Stunden köstlich amüsiert.

Die Kiwifrauen scheinen nicht nur bei der Schulbildung ihrer Kinder innovativ und modern zu sein, denn bereits im 19. Jahrhundert führte die Emanzipationsbewegung dazu, dass 1893 in Neuseeland das erste Frauenwahlrecht der Welt eingeführt wurde.

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Neuseeländer lieben Schafe, insbesondere Merino-Schafe. Sie lieben sie so sehr, dass jedes freie Fleckchen als Weide eingezäunt ist. Diesen Schafen sind sie bereit ihr Leben zu widmen. Andererseits - alle Kinder sollten jetzt weghören - ist in Kiwiland das Verhältnis zu den Wahrzeichen der Kuscheltiere wie Kaninchen, Bambis und Possums leicht gestört, denn sie gehören vor die Flinte. Eigentlich sind Possums niedliche australische Beuteltiere, die in jedem anderen Land im Streichelzoo neben den hoppelnden Bunny-Häschen und den Bambis mit ihren großen runden Kulleraugen landen würden. 1837 wegen ihres plüschig weichen Fells als Nutztiere importiert übersteigt ihre Zahl bereits 80 Millionen. Ähnliches Missgeschick ist den Insulanern mit den Kaninchen und den Rehen wiederfahren, so dass es, mangels natürlicher Feinde, mittlerweile einen spezialisierten Berufszweig gibt, der gegen diese Pest vorgeht und sogar mit Hilfe von Hubschraubern Jagd auf "Kuscheltiere" macht.