Gibb River Road

600 Km durchs Outback der Kimberley Region

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Die schnellste Verbindung von Derby Richtung Norden, nach Wyndham ist sicherlich der Highway No.1 oder auch Great Northern Highway genannt. Eine asphaltierte Landstraße auf der man bis zu 120 Km/h fahren darf. Für australische Verhältnisse verdammt schnell und insbesondere für Poor Little schier unerreichbar.

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Die kürzeste Verbindung allerdings ist die Gibb River Road (GRR). Eine 660 Km lange unbefestigte Piste quer durch sehr dünn besiedeltes Aboriginal-Land. Außer zwei Tankstellen und einigen Farmen ist entlang der Gibb River Road keine Infrastruktur zu finden, natürlich wie üblich auch kein Telefonempfang. Nun gut, daran haben wir uns ja bereits gewöhnt. Die Entscheidung welche Strecke wir fahren werden ist also nicht schwer.

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Mit Diesel, Wasser und Lebensmitteln voll bepackt geht´s los. Unter Reisenden als 660 km lange "Offroadstrecke" bekannt und gefürchtet, erwartet uns die GRR zunächst mit Asphalt!  Wir sind schockiert, da hat doch tatsächlich jemand die ersten 100 und die letzten 40 Kilometer geteert. Somit bleiben uns noch 520 Km Outbackpiste. Hinzu kommen noch unsere geplanten Abstecher zu diversen Schluchten, Höhlen, Wasserfällen oder Flüssen, die jeweils 30-60 Km abseits der GRR liegen und somit nochmal ca. 400 Km ausmachen. Nun gut, insgesamt 920 Kilometer, das klingt schon eher nach Australien.

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Die sandige Piste ist auf den mittleren 180 Km ganz gut, doch der Rest davor und dahinter besteht aus reinem "Wellblech". Wir wühlen uns durch dicke Staubschichten und durchstoßen blind riesige Staubschleier, die von entgegenkommenden Fahrzeugen erzeugt werden. Unsere Abstecher, links und rechts von der Hauptpiste, entpuppen sich als noch schlechtere Erdwege und teils Pfade über Stock und Stein. Manche sind sogar gesperrt. Ihr Zustand ist jetzt, zehn Tage vor Saisonende, sehr stark zerfahren und wir kommen dem Offroadabenteuer schon ziemlich nahe.        

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Tunnel Creek

Fast 60 Km von der GRR entfernt liegt eine spannende und geschichtsträchtige Höhle, die wir uns auf jeden Fall ansehen wollen. Spannend ist sie, weil über unseren Köpfen hunderte von Fledermäusen, bzw. fliegenden Hunden umherschwirren und weil sich ein Fluss durch die gesamte Höhle schlängelt, durch dessen knietiefes Wasser wir waten müssen und in dem Freshies, also Frischwasserkrokodile leben. Im Licht unserer Stirnlampen lässt sich nur erahnen wohin wir treten, doch solange uns die Freshies anschauen sind sie gut zu erkennen, denn ihre gelben Augen leuchten wie Katzenaugen.

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Geschichtsträchtig ist sie, weil hier der zweieinhalb Jahre andauernde Wiederstand der Bunuba Aboriginals, durch die Erschießung ihres Anführers Jandamarra, beendet wurde. Jandamarra arbeitete als Fährtenleser für die weißen Farmer und die Polizei. 1894 war es noch ganz normal, dass man sich "billige" Arbeitskräfte einfach durch Jagd und Versklavung von den Aboriginals holte und diese an der Polizeistation "sammelte", bis sie verkauft wurden. Eines Tages erschoss Jandamarra den wachhabenden Polizisten Richardson und befreite die Sklaven. Eine Woche später erschoss er die Sklaventreiber Burke und Gibbs und befreite weitere gefangene Bunuba. So begann der Aufstand, der im späteren Verlauf noch zu einem achtstündigen Feuergefecht führen sollte und in den folgenden fünf  Monaten im Massaker von mehreren hundert Bunuba gipfelte. Mehrmals angeschossen zog sich Jandamarra verletzt immer wieder in diese Höhle zurück und benutzte sie als geheimen Stützpunkt. Obwohl zwei Jahre lang der Wiederstand gewaltfrei verläuft, wird Jandamarra weiterhin gejagt und am 1. April 1897 von Micki, einem Aboriginal Spurenleser eines anderen Stammes, gestellt und angeschossen. Jandamarra verschwindet erneut in die schützende Finsternis der Höhle, doch Micki kann seinen blutigen Spuren folgen und versteckt sich hinter einem Boab Baum am Höhleneingang. Als Jandamarra verwundet auf einem Sandsteinfelsen über dem Eingang auftaucht kommt es erneut zum Schusswechsel, wobei er getroffen 30 Meter in die Tiefe stürzt und damit auch dem Aufstand ein jähes Ende bereitet.

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Devonian Reef

In der Windjana Gorge stehen wir auf ehemaligem tropischen Meeresboden. Vor 360 Millionen Jahren bilden Meeresbewohner und Korallen, entlang der damaligen Küste, ein Riff. Durch Änderung des Meeresspiegels wächst dieses Riff in den folgenden 50 Millionen Jahren zu einer Tiefe von 2000 Metern heran. Die Verschiebung der tektonischen Platten bewirkt, dass sich nun dieses Riff weit oberhalb des Meeres und weit weg von der Küste befindet. Flüsse und Fluten haben sich tief in das ehemalige Riff hineingeschnitten und dabei zahlreiche Fossilien zu Tage gebracht. Heute erinnern höchstens die Bewohner der Windjana Gorge an diese vergangene Zeiten, es sind bis zu 100 Süßwasserkrokodile (max. 3-4 Meter) hier beheimatet.

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Bell Creek Gorge

Die Strecke zur Bell Creek Gorge führt über einen stark zerfurchten und sehr zerrüttelten Schotterweg mit teils tiefen Flussdurchquerungen. Wir müssen den Wasserlauf noch weitere vier Male durchfahren, bis wir die 30 Km geschafft haben. Jetzt noch 2 Km zu Fuß durch den Busch und schon können wir im Felsbecken unter einem Wasserfall baden. Hier gefällt es uns so gut, dass wir zwei Nächte im zehn Kilometer entfernten Bushcamp verbringen und tagsüber den Flusslauf mit seinen zahlreichen Badebecken, bis zum nächsten Wasserfall, erkunden.

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Jigngarrin

Immer wieder besuchen wir abseits der Hauptstrecke diverse Wasserfälle und Pools in denen man auch baden kann. Besonders gut hat uns neben der Bell Gorge auch der Jigngarrin (Barnett Gorge) gefallen. Auch hier verbringen wir zwei Tage und erkunden zu Fuß bei 40°C Hitze den Flusslauf mit seinen einladenden Becken. Leider führt der Weg nicht immer durch das kühlende Nass, denn über drei Kilometer geht es weit oberhalb des Flusses über heiße Felsen am Rand der Schlucht entlang. Wir springen mit Klamotten ins Wasser, die dann auf dem Weg trocknen und uns in der prallen Sonne kühlen. Bereits die Fahrt von der GRR bis zu diesem Fluss war schon abenteuerlich, denn ein Hinweisschild gab es schlicht nicht und wir mussten per GPS querfeldein navigieren. Insbesondere das letzte Stück dieser Sackgasse entpuppt sich als wahre Offroadstrecke. Unweit des Flusses treffen wir auf ein deutsches Pärchen, das Australien mit dem Fahrrad erkundet. Respekt !! Bei dem Wetter !! Wir laden die beiden Radler auf ein Stück Kuchen und kalte Cola ein und haben wenig Zeit zum Plaudern, denn sie werden bereits sehr früh in der kühlen Dämmerung losfahren.

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Moonshine Gorge

Eine Abzweigung zur Moonshine Gorge führt auf einen etwa 50-60 Meter breiten Fluss zu. Wir stehen etwas ratlos davor und ich will mir nur sehr ungern die Schuhe ausziehen, um probeweise barfuß die Tiefe und die Beschaffenheit des Grundes zu ertasten, denn wir sind hier in Croc Country. Das bedeutet hier leben die gefürchteten Salzwasserkrokodile, die mit einer Länge von 6-7 Meter, uns Menschen zum vernaschen gerne haben. Wir wägen ab wieder umzudrehen, da kommt uns ein Ford Pickup entgegen und fährt langsam durch. Das Fahrzeug ist deutlich moderner, leichter und auch stärker motorisiert und seine MT-Reifen sind auch deutlich aggressiver, als unsere, doch er erspart uns die Umkehr oder einen sehr unerfreulichen Testgang. Ich lege die Allraduntersetzung ein und fahre vorsichtig durch. Als Bonus-Zugabe zum Autoabenteuer posiert dann auch noch ein Reiher mitten in der Furt, direkt vor der Kamera.

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Warme Becken im Regenwald

Je nördlicher wir kommen umso tropischer wird es. Die Vegetation ändert sich und wir stehen bald im Regenwald, der hier genau genommen ein Monsunforest ist. Alles bewegt sich, kriecht und krabbelt. Mücken, Fliegen, Schmetterlinge, Tausendfüßler, Frösche, Fische, Schlangen und Echsen in allen Größen. Es raschelt ständig irgendwo im Unterholz. Eine Besonderheit finden wir bei Zebedee Springs, hier presst sich Wasser durch Spalten und Risse aus der heißen Tiefe unseres Planeten bis an die Oberfläche und speist 32°C warme Becken. Als hätten die Australier gewusst, dass es mal wieder Zeit wird zum Planschen in der Badewanne.

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