ohne Zähne, ohne Bäume

Zähne am anderen Ende der Welt

Wenn in Europa die Sonne aufgeht, dann geht sie in Neuseeland gerade unter. Wenn bei uns Mittags das Essen serviert wird, dann ist in Neuseeland Mitternacht. Wenn in Deutschland der längste Tag des Jahres anbricht, dann haben die Neuseeländer den kürzesten Tag des Jahres. Wenn wir bei  winterlicher Kälte weiße Weihnachten feiern, dann freuen sich die Kinder in Neuseeland auf die warmen Sommerferien. Während auf der Nordhalbkugel das Wasser rechtsrum strudelt, ist auf der Südhalbkugel der Strudel entgegen dem Uhrzeigersinn. Doch nicht alles ist am Ende der Welt anders, denn auch hier haben Menschen Zahnlücken und sie benötigen Zahnmedizin.

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Eine Berufskrankheit der Zahnärzte ist, dass man unweigerlich auf die Zähne seines Gesprächspartners schaut.  Wenn die Verkäuferin im Laden lächelnd fragt, ob sie helfen kann, oder der Kassierer an der Tankstelle sich nach der Zapfsäule erkundigt, dann achtet man ganz automatisch und ungewollt auf den dentalen Zustand, oder manchmal nur noch auf den Restbestand. Viele Menschen sind an dieses Ende der Welt ausgewandert und die Zahnärzte scheinen darunter die letzten gewesen zu sein, denn selten sind uns in einem westlichen Land so viele Menschen mit schlechten oder gar fehlenden Zähnen aufgefallen.

Die Versorgung in der Zahnmedizin ist auf dem Stand wie in Deutschland vor vielen Jahrzehnten. Eine probate Versorgungsart ist die kaputten Zähne zu extrahieren und eine Kunststoffprothese anzufertigen. Bei den Maori, den Ureinwohnern dieser Inseln, war es vor 10-15 Jahren (und ist es zum Teil immer noch) Sitte der Braut als Hochzeitsgeschenk alle Zähne zu ziehen und ihr eine Totalprothese zu schenken um dem jungen Paar (und vor allem dem zahlungspflichtigen Ehemann) zukünftige Probleme mit den Zähnen der Frau zu ersparen. Wir wollen nur hoffen, dass dieser schwachsinnige Brauch bald in Vergessenheit gerät. Dass die Bevölkerung zahnmedizinisch unterversorgt ist scheint auch das Gesundheitsministerium bemerkt zu haben. Zur Entlastung der Zahnärzte wird für interessierte Zahntechniker eine Weiterbildung in Form eines Teilstudiums angeboten. Nach erfolgreichem Abschluss dürfen diese "Clinical Dental Technician" zahnlose Patienten selbstständig und ohne Beisein eines Zahnarztes behandeln. Demzufolge gibt es nicht nur Zahnarztpraxen und zahntechnische Laboratorien, sondern auch die Kombination, die Denture Clinic.

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Wir lassen es uns natürlich nicht nehmen solch eine Denture Clinic in Auckland zu besichtigen. Wir treten ein und stehen bereits im winzigen modernen Wartebereich mit gratis Kaffee, Mineralwasser, Zeitschriften und Zahnpastapröbchen. Letzteres ist für zahnlose Patienten vielleicht nicht ganz nachvollziehbar, doch auch sie haben Familie und irgendwer wird es schon brauchen können. Drei Türen führen vom Wartebereich in die Tiefe der Denture Clinic. Hinter Tür verbirgt sich der kleine schicke Behandlungsraum, allerdings ohne Zahnarztstuhl, sondern mit einem Patientensessel, der eher an einen Frisörstuhl erinnert. Die Materialien sind die üblichen, auf dem globalisierten Weltmarkt erhältlichen Produkte der großen Konzerne. Tür 2 führt in das zahntechnische Labor und  hier ist es wirklich ratsam keine Patienten hinein zu lassen. Weit entfernt von deutschen Standards, Vorschriften und Sicherheitsingenieuren entstehen inmitten eines Durcheinanders von zusammengebastelten Maschinen und zweckentfremdeten Haushaltsgeräten die neuen Zahnprothesen. Mit geweiteten Pupillen schauen wir uns sprachlos um und sind erstaunt über manchen improvisierten Erfindungsgeist. Es fühlt sich an, als wären wir auf einer kleinen Zeitreise. Durch Tür 3 beenden wir unseren Rundgang und landen wieder in der Gegenwart, im Büro, dem wichtigsten Teil der Clinic, denn hier geht´s um Rechnungen.


Kauri Baumriesen


Große Teile Neuseelands waren bis ins neunzehnte Jahrhundert mit gigantischen, bis zu 50 Meter hohen Kauri-Bäume bewachsen. Im Kauri Museum in Matakohe haben wir uns einen nachhaltigen Eindruck von der Größe dieser Riesenbäume, die 1500 bis 2000 Jahre alt waren, verschafft. Die Unüberlegtheit und Gier der europäischen Siedler führte dazu, dass der Kauri-Holzabbau einen ganzen Wirtschaftszweig Neuseelands ausmachten. Die superschlauen Holzfäller haben dabei nur nicht bedacht, dass es wieder 1000-2000 Jahre dauern wird bis die Bäume erneut diese Größe erreichen. Heute gibt es die Baumriesen nicht mehr, bzw. einen der letzten noch lebenden Kauri-Bäume, den mächtigsten und mit 2000 Jahren ältesten Baum, der von den Maori "Tane Mahuta" (Herr des Waldes) genannt wird, kann man sich noch anschauen.

Buddeln für die Prothesenhaftcreme

Noch etwas interessantes bezüglich der Kauribäume: ein cleverer Neuseeländer machte sich die knautschigen und zugleich klebrigen Eigenschaften des aus der aufgeplatzten Rinde austretenden Harzes schließlich zunutze, indem er es als Zahnprothesenhaftcreme vermarktete.

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Unterwegs in Neuseeland

Tipp 1:

Ebenso wie in Australien ist es üblich und beliebt das Land mit dem Wohnmobil zu bereisen. Australien ist dafür wirklich prädestiniert, es gibt nur äußerst wenige Länder, die eine so ausgeprägte kostenlose (free) Camping-Infrastruktur haben wie diese Rieseninsel. Auf den deutlich kleineren Nachbarinseln Neuseelands tut man sich da schon etwas schwer. Auch entlang abgelegener, kleinster Landstraßen sind durchgängig Zäune gebaut, jedes Fleckchen ist Farmland, so dass zum stehenbleiben und wild campen sich kaum Gelegenheit bietet. Es scheint als hätte man die vielen Zäune gebaut, um die Touristen in eines der zahlreichen Campingplätze und Caravan Parks zu lotsen. Hier kann man für 30-50 Dollar (für 2 Personen) übernachten. Genau wie in Australien werden auch in Neuseeland kostenlose Campingplätze für eine Nacht angeboten, so genannte "freedom camps", nur leider gilt bei 90% dieser Camps: only self contained d.h. es sind nur Wohnmobile erlaubt, die über eigene Toiletten und Abwassertanks verfügen. Also lautet der Tipp: wer in Neuseeland kostenlos übernachten und dabei eine Strafe vermeiden möchte, der sollte nicht mit PKW und Zelt losziehen, sondern lieber einen Camper kaufen/mieten, der selfcontained ist.

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